Wucherungen der Gallengänge bei Lebererkrankungen könnten sinnvoll sein

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  • Artikel: 30.03.2016

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Bei Lebererkrankungen kann es zum Stau der Gallenflüssigkeit kommen. Als Folge tritt eine Wucherung der Gallengänge auf, die bisher als schädlich angesehen wurde. Forscher von der Technischen Universität (TU) Dortmund haben nun herausgefunden, dass das Wachstum der Gallengänge dazu beitragen könnte, gestaute Galle besser zurück zu transportieren und so Gewebeschädigungen zu verhindern.

Die Galle ist eine Körperflüssigkeit, die in der Leber produziert und in der Gallenblase gespeichert wird. Zu den Mahlzeiten wird sie in den Zwölffingerdarm ausgeschüttet, wo sie hauptsächlich dazu dient, Fett zu verdauen. Bei Erkrankungen der Leber kann es zu einer so genannten Cholestase kommen – einem Stau der Gallenflüssigkeit. In der Folge treten Veränderungen und Wucherungen der Gallengänge auf. Bisher wurde versucht, diese Veränderungen mit Medikamenten zu verhindern, weil sie als schädlich angesehen wurden.

Die Gallengänge genau zu untersuchen, war bislang schwierig – insbesondere die sehr winzigen Gänge zwischen den Leberläppchen. Einem Forscherteam um Nachiket Vartak vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund ist es nun gelungen, diese interlobularen Gallengänge dreidimensional abzubilden. Dazu benutzten sie die so genannte Fluoreszenzmikroskopie, bei der anatomische Strukturen mithilfe fluoreszierender Farbstoffe sichtbar gemacht werden können. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler die Veränderungen der Gallenwege bei einer Cholestase über einen Zeitraum von 28 Tagen beobachten.

Gallengänge werden länger, aber nicht dicker

Dabei stellten Vartak und sein Team fest, dass es durch die Cholestase zu starken Dehnungen, Faltungen und Krümmungen der Gallengänge kommt. Dies führt zu einer fünffachen Oberflächenvergrößerung der Gallenwege. Dabei nehmen die Gallengänge jedoch nicht an Durchmesser zu und es bilden sich auch keine neuen Gallengänge. Stattdessen beobachteten die Forscher, dass die Gänge länger werden, so dass sie mehr Gallenflüssigkeit aufnehmen können. Ihre Ergebnisse veröffentlichte die Forschergruppe nun in der Zeitschrift „Hepatology“ (Ausgabe März 2016).

Die Leber sei demnach ein sehr anpassungsfähiges Organ, das bei Schädigungen zunächst versuche, sich selbst zu reparieren, folgern die Wissenschaftler. „Die Gallengänge reagieren auf die Leberschädigung mit einer Vergrößerung ihrer Oberfläche. Dadurch passt sich das Organ den veränderten Anforderungen bei Lebererkrankungen an“, erläutert Vartak. Denn die verlängerten Gallengänge können dazu beitragen, die gestaute Galle besser zurück zu transportieren und so Gewebeschädigungen zu vermeiden.

„Diesen Prozess durch eine falsche medikamentöse Behandlung zu unterbinden, wäre für die Patienten fatal“, betont Vartak. Daher sollte bei Lebererkrankungen sehr sorgfältig abgewogen werden, welche Medikamente der Patient erhält.

Mithilfe der neuen Untersuchungsmethode könnte in Zukunft festgestellt werden, wie weit die Cholestase bereits fortgeschritten ist und welche entzündungshemmenden Medikamente den Heilungsprozess unterstützen können – ohne dabei selbstheilende Mechanismen der Leber zu unterdrücken. Darüber hinaus könnte die Fluoreszenzmikroskopie dazu beitragen, die Mechanismen genauer zu verstehen, die zur Stauung der Galle führen – und dies möglicherweise besser zu verhindern.

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