Das Bakterium Porphyromonas gingivalis löst chronische Entzündungen des Zahnfleisches aus und führt zu Parodontose (auch: Parodontitis). Dabei kommt es zu Schwellungen des Zahnfleisches und zum Abbau des Kieferknochens. Das gleiche Bakterium erhöht auch das Risiko für Arteriosklerose, umgangssprachlich als „Arterienverkalkung“ bezeichnet, bei der es zur Ablagerung von Blutfetten und Gewebe in den Arterien kommt. Arteriosklerose ist eine häufige Ursache von Herzinfarkten, Schlaganfällen und plötzlichem Herztod.
Ein Forscherteam um Caroline Attardo Genco von der Boston University (USA) hat nun herausgefunden, wie P. gingivalis der Vernichtung durch das Immunsystem entkommen und auch außerhalb der Mundhöhle Entzündungen auslösen kann. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in der Fachzeitschrift „PLoS Pathogens“.
Ähnlich wie andere gram-negative Bakterien besitzt P. gingivalis eine dünne äußere Hülle aus Zuckern und Lipiden. Das Immunsystem von Säugetieren kann Teile dieser Hülle erkennen und so eine entsprechende Immunantwort einleiten. Allerdings haben die Bakterien im Lauf der Zeit Tricks entwickelt, um das Immunsystem ihres Wirts zu täuschen: Sie verändern zum Beispiel ihre äußere Hülle und „verstecken“ sich so vor der Entdeckung durch das Immunsystem.
Attardo Genco und ihr Team untersuchten nun die Rolle eines bestimmten Lipids, dem so genannten Lipid A, auf der Oberfläche der Bakterien. Sie entwickelten zwei verschiedene, genetisch veränderte Stämme von P. gingivalis: Der eine aktiviert einen wichtigen Regulator des Säugetier-Immunsystems namens TLR4. Der andere Stamm dagegen blockiert die Aktivierung von TLR4.
Veränderungen machen Bakterien für Immunsystem „unsichtbar“
Dabei konnten die Forscher zeigen, dass die zweite Variante P. gingivalis davor schützt, vom Immunsystem des Wirts erkannt und vernichtet zu werden. Das erleichtert es dem Erreger, im Inneren von Makrophagen zu überleben – spezialisierten Immunzellen, die Bakterien fressen und im Normalfall anschließend auch töten.
Infizierten die Wissenschaftler für Arteriosklerose anfällige Mäuse mit diesem Stamm von P. gingivalis, erhöhte das die Entzündungsreaktion in den Blutgefäßen und förderte die Entstehung von Arteriosklerose. Dagegen wurde eine Entzündung des Zahnfleisches mit Knochenabbau von beiden Varianten des Bakteriums ausgelöst. Dies zeigt, dass für die lokale Entzündung und die systemische Erkrankung der Blutgefäße verschiedene Mechanismen verantwortlich sind.
„P. gingivalis verändert die Struktur von Lipid A, um Verteidigungsreaktionen seines Wirts zu entgehen und so niederschwellige, chronische Entzündungen im ganzen Körper auszulösen“, schreiben Attardo Genco und ihr Team. Damit besitze P. gingivalis die bei gram-negativen Bakterien einzigartige Fähigkeit, sich Zugang zu den Blutgefäßen zu verschaffen und sich so über den ursprünglichen Entzündungsherd hinaus auszubreiten.
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