Wie lässt sich die Abstoßung körpereigener Stammzellen bei Transplantationen verhindern?

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  • Artikel: 24.09.2019

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Induzierte pluripotente Stammzellen (kurz: iPSC) könnten eine vielversprechende Möglichkeit sein, geschädigtes Zellgewebe zu reparieren und so den Mangel an menschlichen Spenderorganen auszugleichen. Denn iPSC sind ähnlich wie embryonale Stammzellen in der Lage, sich in jede beliebige Körperzelle zu verwandeln. Ein Forscherteam vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf hat nun herausgefunden, warum das neu gezüchtete, körpereigene Zellgewebe dennoch oft vom Immunsystem des Patienten abgestoßen wird: Die Stammzellen verändern sich genetisch, während sie im Labor zum gewünschten Zelltyp heranwachsen. Die Wissenschaftler arbeiten nun intensiv an Methoden, mit deren Hilfe die im Labor gezüchteten Zellen nicht mehr abgestoßen werden.

iPSC entstehen aus Körperzellen wie zum Beispiel Hautzellen. Diese werden dem Patienten entnommen, im Labor zu Stammzellen reprogrammiert und dann zum gewünschten Zelltyp gezüchtet. So entwickeln Wissenschaftler aus ihnen zum Beispiel neue Herzmuskelzellen, um ein durch einen Herzinfarkt geschädigtes Herz zu reparieren. Gegenüber embryonalen Stammzellen haben iPSC mehrere Vorteile. Zum einen sind sie ethisch unbedenklich und die Entnahme birgt für den Zellspender keine Risiken. Zum anderen nahmen Forscher bisher an, dass der Körper die neu gezüchteten Zellen gut akzeptiert, da sie aus körpereigenem Gewebe entwickelt wurden.

Mutationen sind für Abstoßung verantwortlich

Allerdings stößt der Körper das neue Gewebe häufig trotzdem ab. Sonja Schrepfer vom DZHK, Tobias Deuse von der University of California in San Francisco (USA) und ihr Team fanden nun heraus, dass dafür Veränderungen in den Erbinformationen der Zellen verantwortlich sind. Sie entstehen, wenn die Forscher die Körperzellen im Labor reprogrammieren und kultivieren. Durch diese Mutationen sind die Zellen so verändert, dass das Immunsystem sie als fremd ansieht und bekämpft, wenn das Zellgewebe wieder in den Patienten eingesetzt wird.

Normalerweise kommen Mutationen in Körperzellen häufig vor. Allerdings beseitigt das Immunsystem diese veränderten Zellen normalerweise sofort und sorgt so dafür, dass sie sich nicht anreichern können. Diese Kontrolle fehlt jedoch im Labor, so dass sich die genetisch veränderten Zellen immer weiter vermehren. Als Folge müssten die Patienten nach einer Gewebetransplantation lebenslang Medikamente nehmen, die die Immunantwort unterdrücken – so genannte Immunsuppressiva. Diese verhindern die Abstoßung des Gewebes, haben jedoch auch deutliche Nebenwirkungen. So schädigen sie Nieren und Leber und erhöhen das Risiko für Diabetes und Tumoren.

„Alternativ könnte man den Zellen eine Art Tarnkappe geben“, erläutert Schrepfer. „Damit gaukelt man dem Körper des Patienten vor, dass die im Labor hergestellten Zellen seine eigenen sind, sodass sie nach der Transplantation nicht mehr abgestoßen werden.“ Die von Schrepfer und ihren Kollegen entwickelte so genannte Tarnkappen-Technologie wird von den Forschern zur Zeit intensiv überprüft. Die Forscherin schätzt, dass die Technologie in fünf bis acht Jahren bei Patienten eingesetzt werden kann. Eine weitere Strategie wäre, nur Zellen zu transplantieren, die nicht mutiert sind. Allerdings wäre eine solche Qualitätskontrolle nach Aussage von Schrepfer sehr zeit- und kostenaufwändig. 

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