Obwohl die Zahl der Raucher im letzten Jahrzehnt in vielen Ländern gleich geblieben oder gesunken ist, ist Rauchen immer noch für eine hohe Zahl von Todesfällen verantwortlich. Zudem erhöht es das Risiko für Herzerkrankungen, Schlaganfälle und Krebs.
Medikamente zur Behandlung von Nikotinabhängigkeit setzen meist am so genannten Belohnungssystem des Gehirns an: Sie beeinflussen die Freisetzung und das „Andocken“ des Botenstoffs Dopamin. Allerdings haben sie nur eine relativ geringe Erfolgsquote von etwa 30 Prozent. Neue Untersuchungen zeigen, dass auch die Inselrinde eine wichtige Rolle bei den gedanklichen und emotionalen Prozessen spielen könnte, die den Konsum von Drogen und Nikotin beeinflussen.
In zwei aktuellen Studien untersuchten Amir Abdolahi und sein Team von der Rochester School of Medicine and Dentistry (USA) nun, ob Raucher, bei denen der Inselcortex durch einen Schlaganfall geschädigt wurde, eher mit dem Rauchen aufhören als eine Vergleichsgruppe, bei der eine andere Hirnregion vom Schlaganfall betroffen war. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in den Fachzeitschriften „Addiction“ und „Addictive Behaviors“.
Die Studie umfasste 156 Raucher, die nach einem Schlaganfall im Krankenhaus behandelt wurden. Der Ort der Hirnschädigung wurde mithilfe der Computertomographie (CT) und der Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) erfasst. Abdolahi und seine Kollegen untersuchten, wie starke Entzugssymptome die Patienten erlebten, während sie im Krankenhaus auf Zigaretten verzichten mussten. Dabei erfassten sie verschiedene Aspekte des Entzugs, wie Angst, Ärger oder Traurigkeit, das Verlangen nach Zigaretten, Konzentrationsfähigkeit und Schlafqualität. Weiterhin hielten sie fest, wie viele Patienten in den ersten drei Monaten nach dem Schlaganfall wieder mit dem Rauchen anfingen.
Bei Schlaganfall in der Inselrinde stoppen fast doppelt so viele das Rauchen
Die Wissenschaftler beobachteten, dass Patienten mit Schlaganfall in der Inselrinde signifikant weniger und geringer ausgeprägte Entzugssymptome erlebten als Patienten mit Schlaganfällen in anderen Hirnregionen. Außerdem hörten in der ersten Gruppe fast doppelt so viele Patienten mit dem Rauchen auf: Bei einem Schlaganfall im Inselcortex waren es 70 Prozent, bei anderen Hirnregionen dagegen nur 37 Prozent.
„Die Ergebnisse legen nahe, dass der Inselcortex eine zentrale Rolle bei Abhängigkeit spielen könnte“, sagt Abdolahi. Die Befunde könnten dazu beitragen, neue Therapien gegen Abhängigkeit zu entwickeln, die in dieser Gehirnregion ansetzen. Dies könnten Medikamente sein, oder Techniken zur Hirnstimulation, etwa die tiefe Hirnstimulation oder die transkranielle Magnetstimulation. Die Forscher vermuten, dass die Inselrinde nicht nur bei Nikotinabhängigkeit, sondern auch bei anderen Suchtformen von Bedeutung sein könnte.
„Es ist noch viel weitere Forschung notwendig, um die zugrundeliegenden Mechanismen im Detail zu verstehen“, sagt Abdolahi. „Aber es ist klar, dass in dieser Gehirnregion etwas geschieht, was Abhängigkeit beeinflusst.“
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