Die Wissenschaftler um Jennifer Adibi analysierten die Daten von 350 Frauen und ihren Babies, die zwischen 2010 und 2012 an der „The Infant Development and the Environment Study“ (TIDES) teilgenommen hatten. Dabei wurden bei den Frauen im ersten Drittel der Schwangerschaft Blut- und Urinproben genommen und die Babies kurz nach der Geburt gemessen.
Bei ihrer Analyse erfassten die Forscher den Gehalt eines wichtigen Schwangerschaftshormons im Urin, des so genannten humanen Choriongonadotropins (hCG), sowie die Menge zweier Moleküle, die bei der Verdauung von Phthalaten entstehen. Weiterhin maßen sie bei den männlichen Babies kurz nach der Geburt die so genannte anogenitale Distanz – den Abstand zwischen After und Genitalien. Wenn diese bei erwachsenen Männern kurz ist, ist die Wahrscheinlichkeit für eine geringe Spermienproduktion und Unfruchtbarkeit erhöht.
Weichmacher verändern Hormonmenge in der Schwangerschaft
Tatsächlich bestand bei den untersuchten Frauen ein Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Phthalaten und dem Schwangerschaftshormon hCG: Je mehr von den beiden Abbau-Molekülen im Urin gefunden wurde, desto niedriger war der hCG-Level bei Frauen, die ein männliches Baby erwarteten. Gleichzeitig nahm die anogenitale Distanz mit jeder Einheit an Phthalaten im Urin um 1,2 Millimeter ab. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Kinder später weniger Spermien produzieren und weniger fruchtbar sind. Aus ihrer Analyse schlossen die Forscher zudem, dass 20 bis 30 Prozent des Phthalat-Einflusses auf die männlichen Genitalien auf das Schwangerschaftshormon hCG zurückgeht.
„In der Gesellschaft gibt es eine zunehmende Sorge hinsichtlich kindlicher Erkrankungen, die durch Einflüsse in der Schwangerschaft entstehen“, sagt Adibi. „Es ist daher wichtig, Chemikalien in unserer Nahrung oder in der Umgebung zu erkennen, die solche Erkrankungen beeinflussen könnten.“
Die Ergebnisse der aktuellen Studie legen nahe, dass der Einfluss schädlicher chemischer Substanzen in der frühen Schwangerschaft routinemäßig getestet werden sollte. „Phthalate sind heute allgegenwärtig“, betont Jennifer Adibi. „Deshalb sollte auf gesellschaftlicher Ebene stärker darüber informiert werden, wie die Aufnahme von Phthalaten vermieden werden kann – zum Beispiel durch Verbraucherschutzmaßnahmen und durch Aufklärung der betroffenen Ärzte.“
Darüber hinaus könnte ein einfacher Blut- oder Urintest Aufschluss darüber gehen, wie stark eine schwangere Frau Phthalaten ausgesetzt ist. Ein solcher Test würde dem Arzt die Möglichkeit geben, mit der werdenden Mutter zu besprechen, wie sie die Aufnahme dieser Substanzen verringern kann.
Phthalate kommen zum Beispiel in Kosmetika und Körperpflegemitteln, Lebensmittelverpackungen oder in PVC-Böden vor. Durch gesetzliche Maßnahmen werden sie in letzter Zeit zunehmend durch alternative Substanzen ersetzt.
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