Neuer Test vereinfacht Erkennen von Hormonstörung

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  • Artikel: 26.07.2019

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Wer regelmäßig sehr viel trinkt, leidet möglicherweise an einer seltenen Hormonstörung. Ein Forscherteam aus Würzburg und Basel hat nun ein neues Verfahren entwickelt, mit dem die Diagnose schnell und einfach gestellt werden kann. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie jetzt in der Fachzeitschrift „The Lancet“.

Manche Menschen nehmen regelmäßig sehr viel Flüssigkeit zu sich und haben dadurch eine vermehrte Urinausscheidung. Mehr als drei Liter pro Tag sind aus Sicht von Wissenschaftlern zu viel. Die Gründe für die erhöhte Trinkmenge können unterschiedlich sein. Sie kann Folge einer psychischen Erkrankung sein, und manche Menschen trinken einfach aus Gewohnheit so viel. Dies ist in der Regel ungefährlich. „Es kann als Ursache aber auch eine seltene Hormonstörung, ein sogenannter Diabetes insipidus, vorliegen“, erklärt Martin Fassnacht, Leiter der Endokrinologie am Universitätsklinikum Würzburg und einer der Autoren der Studie. Dabei fehlt in der Hirnanhangdrüse das Hormon Vasopressin, das den Wasser- und Salzgehalt des Körpers steuert. Die Betroffenen verlieren dadurch viel Flüssigkeit, haben ein starkes Durstgefühl und müssen viel trinken.

Es ist wichtig, die verschiedenen Formen des Vieltrinkens zu unterscheiden, weil diese unterschiedlich behandelt werden müssen. So wird ein Diabetes insipidus mit dem Hormon Vasopressin behandelt. Wer aus Gewohnheit oder bei einer psychischen Erkrankung zu viel trinkt, sollte dagegen mit verhaltenstherapeutischen Maßnahmen lernen, seine Trinkmenge zu reduzieren.

Neuer Test: Schnell, gut verträglich und zuverlässig

Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Formen des Vieltrinkens erfolgte Jahrzehnte lang mit einem so genannten Durstversuch, bei dem die Teilnehmer 16 bis 18 Stunden lang nichts trinken durften. „Dieser Test war allerdings oft ungenau und führte nur in zwei Drittel der Fälle zu einer klaren und richtigen Diagnose“, sagt Fassnacht. Außerdem sei die lange Durstphase unangenehm und belastend.

Im Jahr 2018 entwickelte das Forscherteam um die Würzburger Endokrinologen daher einen neuen Test, bei dem mit einer Salzinfusion das Hormon Vasopressin stimuliert wird. Dieser dauert nur etwa drei Stunden und hat eine Zuverlässigkeit von 97 Prozent. Allerdings ist er mit verschiedenen Nebenwirkungen verbunden. Daher schlägt die Forschergruppe in ihrer neuen Studie einen weiteren, stark vereinfachten Text vor, der deutlich verträglicher ist. „Anstatt der Salzinfusion wird eine Infusion mit dem Eiweißbestandteil Arginin verabreicht, welche ebenfalls das Hormon Vasopressin stimuliert“, erklärt Mirjam Christ-Crain, Endokrinologin am Universitätsklinikum Basel und Leiterin beider Studien. Bereits eine Stunde nach der Infusion kann der Anstieg von Vasopressin im Blut erfasst werden.

Die neue Methode hat eine diagnostische Treffsicherheit von 90 Prozent – also ähnlich hoch wie die Salzinfusion. Ihr Vorteil ist die deutlich bessere Verträglichkeit. „Während bei der Salzinfusion mehr als 70 Prozent aller Patienten über Kopfschmerzen, Schwindel und Unwohlsein klagten, traten diese Nebenwirkungen mit dem neuen Test nur in Einzelfällen auf“, erklärt Irina Chifu, eine der Koautorinnen der Studie. Ob der neue Test genauso verlässlich ist wie die Salzinfusion, muss laut Fassnacht nun in einer vergleichenden Studie belegt werden. Diese ist bereits in Vorbereitung.

Quelle:

Winzeler, B. et al. (2019). Arginine-stimulated copeptin measurements in the differential diagnosis of diabetes insipidus: a prospective diagnostic study. The Lancet (2019), DOI: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(19)31255-3

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