Seit dem späten 15. Jahrhundert hat sich die Syphilis weltweit ausgebreitet. Mehr als 500 Jahre lang war sie eine der schwerwiegendsten Infektionskrankheiten beim Menschen. Erst nachdem ab Mitte des 20. Jahrhunderts das Antibiotikum Penicillin zur Verfügung stand, ging die Zahl der Erkrankungen deutlich zurück. Allerdings wurde in den letzten Jahrzehnten wieder ein deutlicher Anstieg der Syphilis-Infektionen beobachtet: Aktuell sind es mehr als zehn Millionen Neuerkrankungen pro Jahr.
Bisher lassen sich Syphilis-Bakterien nur sehr schwer im Labor kultivieren, und die Blut- und Gewebeproben von Syphilis-Patienten enthalten nur kleine Mengen der Bakterien-DNA – dem Träger der Erbinformation. Ein internationales Forscherteam um Natasha Arora vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich verwendete nun Techniken, mit denen sich auch sehr alte DNA-Proben analysieren lassen. Insgesamt sammelten die Forscher 70 klinische und Labor-Proben von Syphilis und zwei verwandten Erkrankungen aus 13 Ländern der Welt.
Syphilis-Erreger sind resistent gegen bestimmtes Antibiotikum
In ihren Untersuchungen stellten die Forscher fest, dass alle Bakterien aus den aktuellen Syphilis-Patientenproben auf einen gemeinsamen Erregerstamm aus dem 18. Jahrhundert zurückgehen. Darüber hinaus haben sich die heute weltweit vorherrschenden Bakterien nach 1950 aus einem gemeinsamen Stamm entwickelt. Sie teilen zugleich eine besorgniserregende Gemeinsamkeit: die Resistenz gegen das Antibiotikum Azithromycin.
„Seit Syphilis vor über 500 Jahren aufgetaucht ist, drehen sich viele Fragen um den Ursprung der Krankheit. Indem wir evolutionsbiologische und epidemiologische Ansätze kombinierten, konnten wir die genetischen Verwandtschaftsverhältnisse der Bakterienstämme ermitteln, die für die heutigen Infektionen verantwortlich sind“, erläutert Homayoun C. Bagheri, früherer Professor am Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften der UZH und einer der Hauptautoren der Studie. „Wir fanden eine Erregergruppe mit weltweiter Verbreitung und einer hohen Rate an Antibiotikaresistenzen.“
Denn ein großer Teil der Bakterien dieser Gruppe ist resistent gegen das Antibiotikum Azithromycin, das als Therapie der zweiten Wahl gegen sexuell übertragbare Krankheiten eingesetzt wird. „Die gute Nachricht ist jedoch, dass bisher keine Syphilis-Bakterien-Stämme entdeckt wurden, die gegen Penicillin resistent sind“, berichtet Natasha Arora. Penicillin wird bei der Behandlung der Syphilis als Therapie der ersten Wahl verwendet.
„Wichtig ist nun, zukünftig jene Bakterienstämme besser zu erforschen, die hauptverantwortlich für die aktuelle weltweite Epidemie sind“, betont Arora. Die Forscher sind überzeugt, dass diese Art von Untersuchungen neue Möglichkeiten eröffnet, um die Verbreitung dieser schwerwiegenden Krankheit besser zu verstehen, die trotz der Verfügbarkeit wirksamer Therapien bis heute nicht ausgerottet ist.
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