Individuelle Therapie mit weniger Nebenwirkungen beim Hodgkin-Lymphom

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  • Artikel: 27.10.2017

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Patienten mit einem fortgeschrittenen Hodgkin-Lymphom – einem bösartigen Tumor des Lymphsystems – müssen mit einer sehr intensiven Chemotherapie behandelt werden. Die Überlebensrate ist in diesem Fall gut: Mit acht Zyklen Chemotherapie überleben 90 Prozent der Patienten die ersten fünf Jahre nach der Diagnose. Allerdings geht die Behandlung oft mit schweren akuten und langfristigen Nebenwirkungen einher. Forscher der Deutschen Hodgkin Studiengruppe (DHSG) haben nun untersucht, ob sich die bisherige Therapie reduzieren lässt, ohne die Wirksamkeit zu verringern.

„Die Ergebnisse der aktuellen Studie haben gezeigt, dass eine deutliche Therapiereduktion auf nur vier Zyklen möglich ist, falls die Patienten bereits nach zwei Zyklen ein gutes Ansprechen auf die Behandlung erreicht haben“, berichtet Peter Borchmann, Oberarzt der Klinik I für Innere Medizin an der Uniklinik Köln. Die Ergebnisse publizierten die Forscher jetzt in der Fachzeitschrift „The Lancet“.

An der so genannten HD18-Studie nahmen insgesamt 2001 Patienten zwischen 18 und 60 Jahren mit der Erstdiagnose eines fortgeschrittenen Hodgkin-Lymphoms teil. Die Studie wurde an über 300 Zentren in Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und der Tschechischen Republik durchgeführt. Alle Patienten erhielten zunächst zwei Zyklen der derzeitigen Standardtherapie und wurden anschließend mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und Computertomographie (CT) untersucht. Die PET ermöglicht es, Stoffwechselprozesse im Gewebe sichtbar zu machen und nicht nur die Größe, sondern auch die Vitalität des Tumors zu beurteilen.

Kürzere Therapie: Genauso effektiv mit weniger Nebenwirkungen

Patienten, die gut auf die Therapie ansprachen, wurden anschließend per Zufall entweder nach dem bisherigen Standard mit sechs weiteren Zyklen oder nur mit zwei Zyklen Chemotherapie weiterbehandelt. Am Ende der Chemotherapie wurden alle Patienten, bei denen noch Tumorreste vorhanden waren, nachbestrahlt.

Es zeigte sich, dass eine Behandlung mit nur vier Zyklen Chemotherapie bei Patienten, die gut auf die Behandlung ansprechen, genauso wirksam ist wie eine Therapie mit acht Zyklen. „Wie erwartet reduzierten sich mit den Zyklen auch die Akut- und Langzeitnebenwirkungen. Insgesamt konnte dadurch das Überleben unserer Patienten nochmal signifikant verbessert werden und liegt nun bei 98 Prozent nach fünf Jahren“, berichtet Borchmann. „Zudem verkürzt sich die Dauer der gesamten Therapie von ursprünglich 24 auf nun 12 Wochen. Die Patienten können somit früher eine Rehabilitationstherapie in Anspruch nehmen und in ihr Leben zurückfinden, was wesentlich zur Lebensqualität beiträgt.“

Weiterhin untersuchten Borchmann und sein Team, ob in der Patientengruppe, die nach zwei Zyklen weniger gut auf die Chemotherapie ansprach, die zusätzliche Gabe eines zielgerichteten Antikörpers (Rituximab) die Therapieergebnisse verbessern kann. Dabei stellten sie jedoch fest, dass durch das Medikament kein zusätzlicher Nutzen erreicht wurde. Auch dies sei ein gutes Signal an die Patienten, so die Forscher: Selbst wenn jemand nach zwei Zyklen nicht gut auf die Chemotherapie anspricht, liegt die Heilungsrate nach der gesamten Chemotherapie sehr hoch, nämlich bei 96 Prozent nach fünf Jahren.

Aufgrund der Ergebnisse wollen die Forscher nun einen Behandlungsstandard etablieren, bei dem die Intensität der Therapie an das frühe Ansprechen auf die Chemotherapie angepasst wird. Dies sei ein entscheidender Schritt hin zu einer individualisierten, besser verträglichen, kürzeren und hochwirksamen Therapie gegen das Hodgkin-Lymphom, so die Wissenschaftler.

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