Die Beschriftung von Lebensmitteln ist seit 2002 durch EU-Gesetze Pflicht und wird immer strenger geregelt: So müssen auf einem Fischprodukt die kommerzielle und die wissenschaftliche Bezeichnung des Tieres, die Produktions- und Fangmethode und das Fanggebiet angegeben werden. Doch bekommen deutsche Verbraucher immer den Fisch, der auf der Packung angegeben ist? Dies haben Wissenschaftler vom Forschungsinstitut Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven in einer Studie überprüft, die jetzt im Fachjournal „Science Direct“ erschienen ist.
Die untersuchten Produkte – frischer und eingelegter Fisch, Konserven, Tiefkühlprodukte und Tiernahrung – stammten aus Supermärkten und von lokalen Fischhändlern aus dem Nordwesten Deutschlands. „Dabei haben wir die Methode des DNA-Barcodings zur Bestimmung von Fisch- und anderen Meerestierarten eingesetzt“, erklärt Babett Günther, Molekularbiologin und Leiterin der Studie. Mit dieser Methode verglichen die Forscher die genetischen Identifizierungs-Codes – vergleichbar mit dem Strichcode an der Supermarktkasse – der Fischprodukte mit bereits bekannter DNA.
Es stellte sich heraus, dass von insgesamt 118 untersuchten Produkten etwa 10 Prozent falsch oder irreführend beschriftet waren. Die Wissenschaftler unterschieden dabei zwei Kategorien von Fehlern: Zum einen wurden Meerestiere einer anderen Gattung zugeordnet, zum anderen zwar derselben Gattung, aber einer anderen Unterart. „In Kategorie eins fällt beispielsweise der Verkauf von Fischen in einem lokalen Fischgeschäft, die als ‚Heilbutt’ gekennzeichnet wurden, aber laut unseren DNA-Analysen zur deutlich kostengünstigeren Gattung des ‚Schwarzen Heilbutts’ gehören“, erläutert Günther.
Was drauf steht, sollte auch drin sein
In einem anderen Beispiel wurde ein Fisch als „Buttermakrele“ beschriftet – enthalten war aber der Ölfisch ‚Ruvettus pretiosus'. Sein Fleisch ist zwar essbar, die enthaltenen Öle können aber zu Magen-Darm-Beschwerden, Krämpfen und Kopfschmerzen führen und müssen extra gekennzeichnet werden. Auch weitere Produkte waren für den Verbraucher eindeutig irreführend beschriftet. Dabei erwiesen sich die Angaben in Supermärkten als exakter als bei lokalen Fischhändlern – obwohl letztere besonders professionell sein sollten.
„Die wenigsten Verbraucher sind ausgebildete Zoologen. Deshalb ist eine ordentliche und exakte Etikettierung von Fischprodukten unerlässlich“, betont Günther. „Man muss darauf vertrauen können, dass wenn Sardellen draufstehen auch Sardellen drin sind. Dies war leider nicht immer der Fall.“
Eine falsche Etikettierung ist dabei mehr als kommerzieller Betrug am Verbraucher – sie kann zu allergischen Reaktionen und Unverträglichkeitsreaktionen führen. „Außerdem sollte der Verbraucher die Möglichkeit haben, beim Kauf nachhaltige und gewissenhafte Entscheidungen zu treffen“, so die Forscherin.
Bereits frühere Studien haben gezeigt, dass weltweit bis zu 70 Prozent der Fische und Meeresfrüchte falsch etikettiert werden. Laut einer aktuellen Studie sind es in Europa zur Zeit durchschnittlich 4,9 Prozent, in Deutschland bis zu 6,2 Prozent. „In Deutschland werden jährlich im Schnitt 14,1 Kilogramm Fisch pro Kopf verzehrt“, sagt Günther. „Umso wichtiger ist eine schnelle und sichere Methode, um die Kennzeichnung von Meerestierprodukten zu überprüfen. Wir haben gezeigt, dass sich das DNA-Barcoding hierfür ausgezeichnet eignet und noch viel Potential besitzt.“
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