Gesundheitkompakt Berlin – Etwa zwei Millionen Menschen In Europa sind von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen betroffen. Als Ursachen werden genetische Faktoren, aber auch Umwelteinflüsse wie die Ernährungsweise und der Lebensstil in Betracht gezogen. Außerdem spielt eine gestörte Zusammensetzung der Darm-Mikrobiota – der Bakterien und Mikroorgansimen im Darm – eine wichtige Rolle. Durch die chronischen Entzündungen kommt es oft zur Zerstörung von Darmgewebe, so dass in schweren Fällen Abschnitte des Darms entfernt werden müssen.
Sieglinde Angelberger und Walter Reinisch von der Medizinischen Universität Wien interessierte nun, ob sich eine kontrollierte Transplantation der Darmbakterien von gesunden Spendern günstig auf chronische Darmerkrankungen auswirken kann. Bisherige Studien haben gezeigt, dass sich mit einer Fäkaltransplantation bestimmte Durchfallerkrankungen effizient behandeln lassen. Das Ziel einer Transplantation ist, die massiv veränderte Darmflora zu regenerieren und wieder ein natürliches Gleichgewicht der Darmbakterien herzustellen.
Patienten reagieren individuell unterschiedlich
Angelberger und ihr Team führten nun erstmals bei fünf Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Colitis Ulcerosa eine Fäkaltransplantation durch. Anschließend analysierten sie die Zusammensetzung der Darmbakterien zu mehreren Zeitpunkten über einen Zeitraum von 12 Wochen. Die Ergebnisse ihrer Studie sind in der Fachzeitschrift „American Journal of Gastroenterology“ erschienen.
Die Forscher beobachteten, dass die Patienten sehr unterschiedlich auf die fremden Darm-Mikrobiota reagierten: Bei einigen siedelten sich relativ viele Darmbakterien der Spender an, bei anderen weniger – und bei einigen geschah dies schneller, bei anderen langsamer. „Die zeitliche Abfolge der Neubesiedelung des Darms erinnert dabei an den Neubewuchs eines Waldes nach einem Sturmschaden“, erläutert David Berry, einer der Koautoren der Studie. „Zuerst besiedeln Pionierarten das abgeholzte Gebiet – in diesem Fall den entzündeten Darm. Sie verändern das Ökosystem dann so, dass sich weitere Arten ansiedeln können.“
Zumindest bei einer Patientin kam es nach 12 Wochen zu einer deutlichen Verbesserung der Darmflora. Darüber hinaus gebe die Studie aber auch wichtige Hinweise darauf, welche Mechanismen bei der Neubesiedelung des Darms nach Fäkaltransplantation eine Rolle spielen, so die Forscher. Mithilfe solcher Untersuchungen könnte man in Zukunft besser verstehen, unter welchen Bedingungen eine Transplantation von Darmbakterien wirksam ist – und so vielleicht eine neue Behandlungsmethode für chronische Darmerkrankungen entwickeln. (gk/ca)