Antibiotika: Resistenz schnell erkannt

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  • Artikel: 16.03.2018

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Immer mehr Krankheitserreger sind gegen Antibiotika resistent. Diese so genannten multiresistenten Keime führen dazu, dass Infektionen nicht mehr behandelbar sind und lebensbedrohlich verlaufen können. Ein Forscherteam des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT), des Jenaer Universitätsklinikums und der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat nun einen Schnelltest entwickelt, der in 3,5 Stunden Auskunft gibt, welches Antibiotikum im konkreten Fall noch wirksam ist. Eine solche schnellere Diagnostik kann Leben retten. Zudem erlaubt eine auf den Erreger zugeschnittene Therapie eine sparsame Verwendung von Antibiotika – und sie kann dazu beitragen, Resistenzen zu vermeiden.

So führt die massenhafte Verordnung von Antibiotika dazu, dass immer mehr Krankheitserreger dagegen umempfindlich sind. Bisher war die Infektionsdiagnostik im Labor zeitintensiv: Sie dauerte bis zu 72 Stunden. Allerdings ist Zeit bei der Behandlung von schweren Infektionen ein entscheidender Faktor – etwa bei einer Blutvergiftung (Sepsis). Die Ärzte stehen hier vor einem Dilemma: „Viel zu oft müssen wir ‚blind' mit Breitspektrumantibiotika behandeln, da wir zunächst weder den Erreger noch eventuell vorhandene Resistenzen bestimmen können. Daher schießen wir unter Umständen mit Kanonen auf Spatzen“, erläutert Michael Bauer, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Jena. „Ein Teufelskreis, der das Entstehen neuer Resistenzen begünstigt.“

Die Jenaer Forscher arbeiten nun an einer schnellen, kostengünstigen diagnostischen Methode. „Mit unserem Lab-on-a-Chip-System, also einem miniaturisierten Labor, können wir Bakterienstämme und deren Resistenzen in weniger als dreieinhalb Stunden eindeutig bestimmen“, erläutert Projektleiterin Ute Neugebauer, die am Leibniz-IPHT und am Universitätsklinikum Jena arbeitet. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher jetzt in der angesehenen Fachzeitschrift „Analytical Chemistry“ (Ausgabe Februar 2018).

Ergebnisse nach zwei bis dreieinhalb Stunden

Bei dem neuen System werden die Bakterien mithilfe elektrischer Felder in einem sehr kleinen Bereich fixiert. Dann werden sie mit verschiedenen Antibiotika in unterschiedlichen Konzentrationen in Kontakt gebracht und mit Laserlicht bestrahlt. Aus dem zugehörigen Lichtspektrum lässt sich ablesen, ob ein Erregerstamm resistent ist oder auf das Antibiotikum anspricht. Diese Veränderungen lassen sich bereits nach zwei Stunden erkennen. „Zugleich erhalten wir Informationen darüber, wie hoch die Konzentration des Antibiotikums sein muss, um das Bakterienwachstum vollständig zu hemmen“, erklärt Jürgen Popp, Direktor des Leibniz-IPHT und Leiter des Instituts für Physikalische Chemie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Das ist ein wichtiger diagnostischer Parameter, der den Erfolg der Behandlung entscheidend beeinflusst."

Die Methode kann die Zeit von der Probennahme bis zum Ergebnis auf 3,5 Stunden verkürzen. „Eine derart schnelles Verfahren könnte die Diagnostik von Infektionskrankheiten revolutionieren“, sagt Bettina Löffler, Direktorin des Instituts für Medizinische Mikrobiologie am Universitätsklinikum Jena. Im Moment arbeiten die Forscher an einem Diagnosesystem, das in Krankenhäusern eingesetzt werden kann. Ein weiteres Ziel für die Zukunft ist, ein Schnelltestsystem mit Kartuschen für Hausärzte zu entwickeln, mit dem Resistenzen schnell und unkompliziert bestimmen werden können. Damit hätten die Ärzter ein wichtiges Werkzeug, das sie bei der Vergabe eines individuell passenden Medikaments unterstützt. Der sparsame und gezielte Einsatz von Antibiotika ist zugleich eine wichtige Voraussetzung, um die Verbreitung von Resistenzen zu vermeiden.

Die Forschungsarbeiten wurden von der Europäischen Union, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem Freisstaat Thüringen und der Carl-Zeiss-Stiftung gefördert. 

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