mp Leipzig - Alkoholkranke können sich mit einem speziellen Computertraining besser gegen Rückfälle wappnen: In mehreren Sitzungen werden jeweils zehn Minuten lang per Joystick am Bildschirm Darstellungen alkoholischer Getränke möglichst schnell weggeschoben. Abbildungen alkoholfreier Getränke sollen die Sitzungsteilnehmer dagegen zu sich heranziehen. Ein entsprechendes Trainingsprogramm durchliefen in der Salus Klinik in Lindow 112 Suchtpatienten zusätzlich zu ihrer Rehatherapie. Bei 200 Wiederholungen pro Sitzung gelang es den Patienten zunehmend rascher, die Bilder mit Bier, Wein oder Schnaps von sich fernzuhalten, wie deutsche und niederländische Wissenschaftler nun auf dem Rehawissenschaftlichen Kolloquium in Leipzig berichteten.
"Ein Jahr nach der Rehabilitation zeigte sich, dass die Teilnehmer mit weniger Rückfällen zu kämpfen hatten und sie auch eher stoppen konnten als eine Kontrollgruppe", erklärt Klinikleiter Dr. Johannes Lindenmeyer. Demnach blieben 58 Prozent der Betroffenen abstinent, während es einer Vergleichsgruppe ohne das PC-Training nur zu 43 Prozent gelang. "Durch das Training entwickeln die Patienten eine automatische Vermeidungstendenz gegenüber Alkohol", erklärt der Psychologe. Damit hätten sie bessere Chancen, in kritischen Momenten die Neigung zum Alkohol zu überwinden oder doch zu beherrschen. Das ist wichtig, denn vernunftgesteuerte Methoden würden allein nicht ausreichend greifen, so der Experte.
Bei der Bekämpfung einer Alkoholabhängigkeit muss auch das "Suchtgedächtnis" berücksichtigt werden. Einem Anreiz, etwa einem vollen Glas Wein, schenken die Betroffenen unbewusst erhöhte Aufmerksamkeit und nähern sich ihm an, andere Anreize werden dagegen weniger wahrgenommen. Das Suchtgedächtnis untergräbt demnach in kritischen Situationen oft die vernunftmäßige Selbstkontrolle. Eine zeitgemäße Suchtrehabilitation sollte daher um neuropsychologische Methoden wie das Joystick-Training ergänzt werden, um automatisierten Rückfalltendenzen entgegenzuwirken, fordern die Wissenschaftler. lm nächsten Schritte will das Team die Wirkmechanismen des sogenannten neuropsychologischen Kontrolltrainings (NKT) genauer aufschlüsseln und es für den regulären Einsatz, auch zur Nachsorge, weiter prüfen und ausarbeiten. mp/sm