Musik ohne Genuss

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  • Artikel: 15.03.2014

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Eine neue Studie zeigt, dass es Menschen gibt, die beim Hören von Musik keinen Genuss empfinden. Und das, obwohl sie andere Dinge durchaus genießen können. Die Ergebnisse geben Aufschluss über das Belohnungssystem im Gehirn – und könnten auch bei psychischen Erkrankungen wie Sucht oder Depressionen eine Rolle spielen.

Musik spielt seit Jahrtausenden in allen Kulturen eine wichtige Rolle – obwohl sie nicht direkt mit biologischen Vorteilen wie Nahrung oder Fortpflanzung verbunden ist. Dabei wird Musik von vielen Menschen als etwas sehr Angenehmes erlebt. Deshalb wird häufig angenommen, dass alle Menschen Musik genießen.

Eine neue Studie von Josep Marco-Pallarés und seinem Team von der Universität Barcelona zeigt nun jedoch, dass manche Menschen zwar bei anderen Dingen Genuss empfinden, nicht jedoch bei Musik. Die Forscher bezeichnen diese Unfähigkeit auch als „Musik-Anhedonie“.

Für ihre Untersuchung wählten die Wissenschaftler mithilfe eines Fragebogens Personen aus, die bei Musik einen hohen, mittleren oder niedrigen Genuss empfinden. Dabei hatten die Teilnehmer aller drei Gruppen eine ähnliche Fähigkeit, Musik wahrzunehmen sowie bei anderen Dingen Genuss zu empfinden.

Die Probanden nahmen an zwei verschiedenen Experimenten teil. Im ersten sollten sie angeben, wie angenehm sie verschiedene Musikausschnitte empfanden – die zuvor von einer großen Stichprobe als angenehm bewertet wurden. Bei der zweiten Aufgabe konnten sie durch schnelles Reagieren Geld gewinnen bzw. vermeiden, Geld zu verlieren. Von beiden Aufgaben ist bekannt, dass sie das Belohnungssystem des Gehirns aktivieren und zur Ausschüttung des Neurotransmitters Dopamin beitragen. Weiterhin registrierten Marco-Pallarés und sein Team auch die Hautleitfähigkeit und die Herzrate – zwei körperliche Maße für Emotionen.

Auch körperlich zeigen die Betroffenen keine Reaktion auf Musik

Die Ergebnisse belegen, dass einige Menschen bei Musik keinen Genuss empfinden – und dabei auch keine körperlichen Reaktionen zeigen. Diese Menschen reagieren jedoch auf andere Belohnungen wie den Gewinn von Geld – was zeigt, dass keine generelle Störung des Belohnungssystems besteht.

„Solche Menschen zu identifizieren könnte sehr wichtig sein, um die neuronale Basis von Musik zu begreifen – das heißt, zu verstehen, wie eine Anzahl Noten vom Gehirn in Gefühle übersetzt wird“, sagt Marco-Pallarés. Dies könnte auch dazu beitragen, das Belohnungssystem des Gehirns insgesamt besser zu verstehen, so die Forscher. Auf diese Weise ließen sich auch psychische Erkrankungen wie Sucht oder affektiver Störungen besser verstehen.

„Die Vorstellung, dass Menschen auf eine bestimmte Art von Belohnung sensibel reagieren und auf eine andere nicht, legt nahe, dass es verschiedene Zugangswege zum Belohnungssystem gibt“, sagt Marco-Pallarés. „Dabei könnten manche Wege bei einem bestimmten Menschen effektiver sein als andere.“

Mit diesem Fragebogen können Sie selbst herausfinden, wie sensibel sie auf Musik reagieren (auf English): http://www.brainvitge.org/bmrq.php

Quellen

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